Clusterfeeding – Was verbirgt sich hinter dem Dauer-Stillen?
Vielfach beschreiben Frauen, dass ihr Baby besonders in den frühen Abendstunden, in ungewöhnlich kurzen Abständen gestillt werden möchte. Wenn ein Baby plötzlich jede Stunde oder gar halbstündlich an der Brust trinken will, nennt man dies Clusterfeeding (aus dem Englischen: Mahlzeiten-Häufung). Das Clusterfeeding gehört zu den besonders sensiblen Phasen der Stillbeziehung zwischen einer Mutter und ihrem Säugling.
Was ist Clusterfeeding?
Kein Baby gleicht dem anderen. Wie häufig ein gestilltes Kind nach der Brust verlangt, ist daher auch ganz individuell. In den ersten Lebenswochen stillen die meisten Frauen ihren Säugling innerhalb von 24 Stunden acht- bis zwölfmal. Im Laufe der Zeit stellt sich zwischen der Mutter und ihrem Kind ein ganz eigener Stillrhythmus ein, der sich bestenfalls ganz nach den Bedürfnissen des Babys richtet. Daher gibt es auch keine absolut gültige Empfehlung, wie oft du deinen Liebling stillen solltest. Manch ein Baby will von Anfang an alle zwei bis drei Stunden trinken und weicht kaum von diesem Rhythmus ab. Andere Säuglinge hingegen wollen besonders in den späten Nachmittagsstunden oder am Abend einmal pro Stunde oder sogar jede halbe Stunde an die Brust. Zwischen den Mahlzeiten gibt es dann nur sehr kurze Pausen. Dieses Verhalten – das häufig bei Neugeborenen zu beobachten ist – nennt man Clusterfeeding (cluster = Anhäufung, Bündel; feeding = füttern). Andere Begriffe für die unmittelbar aufeinander folgenden Stillmahlzeiten sind auch „Lagerfeuer stillen“, „Mehrgang-Menü-Stillen“ oder „Dauer-Stillen“. Während der Clusterfeeding-Phasen füllt das Baby seinen Magen, sodass es danach oftmals für einen längeren Zeitraum schläft und nicht so oft durch ein Hungergefühl geweckt wird. Das Clusterfeeding verunsichert besonders Erstgebärende oft. Es handelt sich dabei aber um ein ganz normales Verhalten einiger Neugeborener und ist kein Grund, an der eigenen Fähigkeit zu stillen oder der Milchproduktion zu zweifeln.
Warum clustern Babys? - Gründe für das Dauer-Stillen
Es gibt gute Gründe, warum gerade Neugeborene zum Clustern neigen. Es kann aber auch vorkommen, dass ältere Babys plötzlich wieder vermehrt gestillt werden möchten.
Aller Anfang ist schwer
Obwohl dein kleiner Schatz mit allen Reflexen, die für das Stillen benötigt werden, zur Welt kommt, muss er dennoch das Trinken an der Brust erst einmal üben. Das kräftige Saugen ist für dein Neugeborenes gerade in den ersten Tagen nach der Geburt noch sehr anstrengend. Sowohl das Stillen, als auch die Geschehnisse des Tages sind für dein Baby sehr kraft- und energieraubend. Viele kleine Mahlzeiten mit einigen Zwischenpausen, in denen dein Baby vielleicht sogar kurz schläft, garantieren ihm nach einem langen Tag ausreichend Erholungszeit. Ebenso ist es dein Säugling nicht gewohnt, allzu große Mahlzeiten zu sich zu nehmen und will daher lieber häufiger gestillt werden. Während der Schwangerschaft wurde dein Baby über die Plazenta und Nabelschnur ständig mit Nahrung versorgt. Das Clusterfeeding entspricht diesen Bedingungen eher als seltene und große Stilleinheiten. Außerdem hat der Magen deines Lieblings nach der Geburt durch seine winzige Größe ein nur geringes Fassungsvermögen und dein Baby wird schneller wieder hungrig. Ab dem 2. Lebensmonat wird dein Schatz schon größere Mengen an Muttermilch aufnehmen können und die Abstände zwischen den Stillmahlzeiten könnten dann deutlich länger sein.
Clusterfeeding regt die Milchproduktion an
Clusterfeeding regt außerdem bei der stillenden Mutter die Ausschüttung von Prolaktin an. Dieses Hormon trägt wesentlich zum Milchbildungsprozess bei. Zwar ist es bereits nach einer Stillzeit von etwa fünf Minuten im Körper nachweisbar, jedoch erreicht es den höchsten Wert innerhalb von 20 bis 30 Minuten und entfaltet seine volle Wirkung erst nach 8 – 16 Stunden. Wenn Babys in den Abendstunden clustern, sorgen sie damit für eine ausreichende Milchversorgung des ganzen darauffolgenden Tages. Clusterfeeding fördert also die Milchproduktion und bedeutet nicht, wie von einigen Frauen befürchtet, dass die Muttermilch nicht ausreicht. Sicherlich gibt es jedoch einige Situationen, die die Muttermilchproduktion einer Frau verringern könnte. Dazu zählen etwa Stress, Krankheit oder die Einnahme bestimmter Medikamente. Solltest du das Gefühl haben, dass die Menge deiner Muttermilch nicht ausreicht, um dein Baby zu ernähren, wende dich an deine Hebamme und/oder deine Gynäkologie-Praxis. Meistens besteht kein Grund zur Sorge und das Zufüttern mit Ersatznahrung ist nicht nötig.
Clusterfeeding während der Entwicklungsphasen
Clusterfeeding tritt häufig während einer Krankheit oder beim Zahnen auf. Aber auch in Phasen, die auf den ersten Blick weniger eindeutig erscheinen, neigen Babys zum Clustern. Dies ist etwa während des Wachstums- bzw. Entwicklungsschubes der Fall. Inmitten eines Entwicklungsschubes könnte dein Kind einen gesteigerten Appetit entwickeln und sowohl tagsüber als auch nachts öfter nach der Brust verlangen. Ferner wird dein kleiner Schatz in dieser Zeit vor große Herausforderung gestellt, da er neue geistige und motorische Fähigkeiten entwickelt. In den ersten 3 Monaten stehen gleich drei dieser großen Entwicklungsschübe an. Babys verarbeiten dann meist gegen Abend das, was sie den ganzen Tag über gelernt und erlebt haben. Das Clustern hilft ihnen dabei und sorgt überdies dafür, dass auch am nächsten Tag genügend Muttermilch vorhanden ist. Clusterfeeding ist eine normale Phase in der Entwicklung deines Babys. Auch wenn es für dich wahrscheinlich anstrengend ist, hilft es deinem Kind dabei, zu wachsen und sich zu entfalten.
So erkennst du, dass dein Baby ausreichend trinkt
Obwohl das Clusterfeeding nichts mit der Milchmenge zu tun hat, machen sich dennoch einige Eltern Sorgen, ob ihr Säugling ausreichend Nahrung bekommt. Diese Angst ist ein häufiger Grund dafür, warum Mütter das Stillen früher als gewollt beenden. Die Sorge ist in den meisten Fällen unbegründet. Daran erkennst du, ob dein Baby ausreichend trinkt:
Anzeichen für Hunger. Schmatzt dein Baby nach dem Stillen mit den Lippen oder steckt seine Faust in den Mund, ist dies oft ein Hinweis dafür, dass es noch hungrig ist. Biete dann die zweite Brust an.
Gewicht deines Babys. Deine Hebamme wird dich in der Zeit des Wochenbettes öfter besuchen. Auch stehen in den ersten Lebenswochen drei U-Untersuchungen bei deinem Kinderarzt / deiner Kinderärztin an. Jedes Mal wird dein Baby dabei auch gewogen, um die Gewichtszunahme zu kontrollieren. Bewegt sich diese in einem normalen Bereich, kannst du auch davon ausgehen, dass deine Brust ausreichend Muttermilch produziert.
Anzahl der Windeln pro Tag. Es hilft dir dabei abzuschätzen, ob dein Baby ausreichend trinkt, indem du die Anzahl der nassen Windeln im Auge behältst. Dein Liebling benötigt nach den ersten 48 Lebensstunden bis zu zehn frische Windeln täglich. Diese sind sowohl mit Stuhl als auch mit Urin gefüllt. Später nimmt die Anzahl etwas ab und pendelt sich zwischen fünf und acht Windeln pro Tag ein.
Farbe des Urins. Sollte dein Baby nicht ausreichend Flüssigkeit bekommen, könnte sich der Urin dunkler färben und geruchsintensiver sein als sonst.
Äußere Erscheinung. Hat dein Liebling eine rosige Hautfarbe und wirkt munter und fröhlich auf dich, ist dies ein gutes Zeichen. Ist die Haut jedoch eingefallen, könnte dies auf einen Flüssigkeitsmangel hinweisen.
Sättigungsanzeichen. Wenn dein Baby satt ist, wird es von der Brust ablassen, während sich sein Körper entspannt und sich die kleine Faust öffnet. Viele Babys schlafen nach dem Stillen auch ein.
Wende dich bei Unsicherheiten immer an deine Hebamme oder deinen Kinderarzt / deine Kinderärztin.
Clustern auch Flaschen-Babys?
Die Gründe, die bei gestillten Babys für das Clusterfeeding angeführt werden, gelten natürlich auch für Neugeborene, die ausschließlich mit Ersatzmilch gefüttert werden. Allerdings will ein Flaschen-Baby in der Regel seltener trinken als ein Still-Baby. Die Dauer, in der der Magen nach dem Füttern wieder leer ist und sich ein Hungergefühl einstellt, ist von Kind zu Kind unterschiedlich. Sie hängt sowohl von der Menge der vorangegangenen Milchmahlzeit, also auch von deren Inhaltsstoffen ab. Man geht davon aus, dass Muttermilch den Magen spätestens nach zwei bis drei Stunden passiert hat und Ersatznahrung dafür drei bis vier Stunden benötigt. Still-Babys könnten daher auch innerhalb von weniger als zwei Stunden wieder Hunger bekommen. Trotz allem ist es möglich, dass ein Flaschen-Baby auch zum Clustern neigt oder nach der ersten Flasche noch Nachschlag möchte. Langsames und schrittweises Füttern der Pre-Nahrung erlaubt es deinem Baby, dass es zwischendrin immer mal wieder absetzen kann und gibt dir darüber hinaus ein Gefühl dafür, wie die Bedürfnisse deines Babys gerade sind.
Wie lange dauert das Clusterfeeding?
Am häufigsten lässt sich das Clusterfeeding bei Neugeborenen beobachten. Erstmals könnte es zwischen dem zweiten und vierten Lebenstag auftreten. In dieser Zeit kommt es zum sogenannten Milcheinschuss und auch die Zusammensetzung der Muttermilch ändert sich. Die ersten Tage sind für dein Baby sehr aufregend und entsprechend ermüdend. Auch wenn es vielleicht nicht so wirken mag, so ist selbst der Besuch von Freunden und der Familie, die den Neuankömmling willkommen heißen wollen, für deinen kleinen Schatz sehr anstrengend. Es ist daher möglich, dass dein Baby zwar tagsüber viel schläft, aber dann gegen Abend unruhig wird und das Clusterfeeding einsetzt. Babys clustern über einen Zeitraum von zwei bis zu sechs Stunden am Stück. Währenddessen wird der Säugling kaum von der Brust ablassen wollen und er hört meist erst dann auf, wenn er erschöpft und satt einschläft. Für viele Frauen ist dies eine sehr anstrengende Zeit und sie fragen sich, wann diese Phase wieder vorübergeht. Eine einfache Antwort auf diese Frage gibt es nicht, denn jeder Säugling ist anders. Clusterfeeding kann zwei, aber auch durchaus mehrere Tage andauern. Clustern ist in der Regel kein Dauerzustand und geht auch wieder vorüber. Viele Babys verändern ihre Stillfrequenz und ihr Stillmuster, wenn sie älter werden. Es ist wichtig, dass du die Hungersignale deines Kindes erkennst und einfühlsam darauf eingehst. Hol dir zusätzliche Hilfe von deiner Hebamme oder such eine Stillberatung auf.
Clusterfeeding: Hilfreiche Tipps für Mütter
Sowohl das Baby, als auch die Mutter sind für die erfolgreiche Stillbeziehung verantwortlich. Dein Neugeborenes bringt mit verschiedenen Stillreflexen alles Nötige mit, sodass er in der Regel von Anfang an in der Lage ist, an der Brust zu trinken. Von dir hingegen fordert das Stillen schon etwas mehr ab: Du solltest dich gesund ernähren, auch nachts zur Verfügung stehen und dich auf den Still-Rhythmus deines Kindes einstellen. Gerade beim Clusterfeeding musst du bereit dafür sein, dich ausschließlich nach den Bedürfnissen deines Kindes zu richten und dabei deine eigenen vielleicht hintenanzustellen. Folgende Tipps und Tricks könnten dir dabei helfen, die anstrengenden Phasen des Clusterfeedings besser zu meistern:
Stillen nach Bedarf. Statt einem starren Zeitplan zu folgen, stille dein Kind immer dann, wenn du das Gefühl hast, es könnte hungrig sein. So stellt sich im Laufe der Zeit ein ganz natürlicher Stillrhythmus ein.
Stillposition. Während des Clusterfeedings solltest du es dir so bequem wie möglich machen, damit sich deine Schultern und dein Rücken nicht verspannen. Verwende ein Stillkissen und wechsle zwischendurch auch immer mal wieder die Stillposition.
Clusterfeeding als Pause. Nutze das Clusterfeeding als Pause für dich selbst vom anstrengenden Baby-Alltag. Mach es dir auf dem Sofa oder im Bett gemütlich und versuch dich dabei zu entspannen. Vielleicht hörst du leise, ruhige Musik, liest etwas oder tauschst dich mit deinem/deiner Partner:in aus.
Unterstützung einfordern. Einige Babys genießen es, in den kurzen Trinkpausen herumgetragen zu werden. Dies kann dein:e Partner:in übernehmen, sodass du beide Hände freihast, um in Ruhe zu trinken oder zu essen. Sollte dies bei dir nicht funktionieren, lass dir ein paar Snacks und ein leckeres Getränk servieren.
Vertraue deinem Baby. Clustert dein Baby, kannst du davon ausgehen, dass es dies nicht ohne Grund tut. Vertraue deinem Kind, denn es weiß intuitiv, was ihm guttut. Will es also überdurchschnittlich häufig an die Brust, möchte es damit ein Bedürfnis stillen und du kannst ihm dabei helfen, indem du es gewähren lässt.
Clusterfeeding bedeutet Nähe. Stillen bedeutet nicht nur Ernährung, sondern befriedigt auch das Bedürfnis deines Babys nach Nähe. Lass dies ruhig zu und genieß die gemeinsame Zeit.
Stillberatung. Clusterfeeding zerrt neben dem ohnehin schon anstrengenden Alltag mit einem Neugeborenen zusätzlich an den Kräften und Nerven. Damit bist du nicht allein. Tausche dich mit anderen stillenden Müttern im Stillcafe oder beim Babytreff aus und hole dir auch Rat bei deiner Hebamme oder einer Stillberatung in deiner Nähe.
Denk daran, dass dein Baby nicht bis ans Ende der Stillzeit clustern wird. Vielleicht hilft dir ja der Gedanke, dass diese Phasen auch wieder vorübergehen. Im Übrigen tragen Naturvölker ihre Babys ständig am Körper und stillen so mehrmals pro Stunde. Häufiges Stillen wird daher als natürliches Stillverhalten des Menschen angesehen.
Fakten im Überblick
Clusterfeeding (cluster = Anhäufung, Bündel; feeding = füttern) lässt sich häufig bei Neugeborenen beobachten. Der Säuglinge will meist in den späten Nachmittagsstunden oder am Abend einmal pro Stunde oder sogar jede halbe Stunde gestillt werden. Zwischen den Mahlzeiten gibt es dann nur kurze und manchmal gar keine Pausen. Babys clustern zwischen zwei oder sogar sechs Stunden am Stück. Das Clusterfeeding ist eine normale Phase der Entwicklung und im Regelfall nicht von Dauer.
Die Betreuung eines Neugeborenen ist ein anstrengender Full-Time-Job ohne echten Feierabend. Endet der Tag mit Clusterfeeding, ist dies für viele Frauen eine zusätzliche Herausforderung.
Das Clustern ist eine von vielen Entwicklungsphasen deines Babys. Gib dich seinen Bedürfnissen hin und versuche die positiven Seiten des Clusterfeedings zu sehen: Die innige Zweisamkeit mit deinem Baby ermöglicht es ihm, optimal zu gedeihen und vermittelt ihm überdies viel Geborgenheit und Liebe.
Zur Entstehung dieses Artikels: Alle Inhalte in diesem Artikel basieren auf vertrauenswürdigen, fachspezifischen und öffentlichen Quellen. Die hier aufgeführten Ratschläge und Informationen ersetzen keinesfalls die medizinische Betreuung durch entsprechendes Fachpersonal. Konsultiere für eine professionelle Diagnose und Behandlung immer deinen Arzt bzw. deine Ärztin.