Die natürliche Geburt nach einem Kaiserschnitt (VBAC)

Die Zahl der Wunschkaiserschnitte in Deutschland ist sehr gering. Viele Frauen hoffen auf eine natürliche Geburt. Doch was, wenn das erste Kind per Kaiserschnitt zur Welt kam? Gilt dann: Einmal Kaiserschnitt, immer Kaiserschnitt? Diese Annahme ist veraltet und es ist durchaus möglich, nach einem Kaiserschnitt eine natürliche Geburt zu erleben.

Was ist eine VBAC?

Die Abkürzung VBAC kommt aus dem Englischen und bedeutet „vaginal birth after cesarian“ (vaginale Geburt nach einem Kaiserschnitt). Die vaginale Geburt wird häufig auch als natürliche Geburt bezeichnet. Lange herrschte die Meinung, dass nach einem Kaiserschnitt (Sectio) eine natürliche Geburt zu viele Risiken für die Mutter und das Kind birgt. Mittlerweile bringen sehr viele Frauen ihr Baby auf natürlichem Weg zur Welt – und das trotz vorausgegangenem Kaiserschnitt. Dennoch birgt eine VBAC unter Umständen einige Risiken, die in Betracht gezogen werden müssen. Es kann beispielsweise zu Infektionen, Verletzungen, hohem Blutverlust oder dem Aufreizen der alten Kaiserschnittnarbe (Uterusruptur) kommen. Gerade die Ruptur der Gebärmutter an der Narbe kann für die Mutter und das Baby gefährlich werden. Diese Sorge ist also nicht ganz unbegründet. Aber jede Schwangerschaft und Entbindung ist anders und selbst wenn die erste Geburt mit einem Kaiserschnitt endete, kann es bei der nächsten ganz anders ausgehen. Es kommt immer auf Deine ganz persönliche Situation und Deine medizinische Vorgeschichte an, ob eine natürliche Geburt nach einer Sectio infrage kommt. Daher müssen die Vorteile, aber auch Deine ganz persönlichen Risiken gegeneinander abgewogen werden. Selbstverständlich musst Du diese Entscheidung nicht alleine treffen. Dein Gynäkologe / Deine Gynäkologin und Deine Hebamme sollten immer Deine ersten Ansprechpartner sein, wenn Du Dir nach einem oder gar zwei Kaiserschnitten eine vaginale Geburt wünschst.

Vorteile einer natürlichen Geburt nach einem Kaiserschnitt

Die natürliche Geburt ist mit Sicherheit ein sehr guter Weg, Dein Baby auf die Welt zu bringen. Es sprechen auch nach einem Kaiserschnitt viele Gründe für eine vaginale Geburt:

  • Eine Bauchoperation wird vermieden.

  • ei einer vaginalen Geburt kommt es normalerweise zu einem geringeren Blutverlust.

  • Das Risiko einer Infektion und der Bildung eines Blutgerinnsels / Thrombose ist geringer als bei einem Kaiserschnitt.

  • Die Regenerationsphase nach der Geburt ist in der Regel kürzer.

  • Eine natürliche Geburt reduziert die Wahrscheinlichkeit von Komplikationen, wie z. B. Verletzungen der Harnblase oder des Darms.

  • Die vaginale Geburt fördert das Bonding zwischen Mutter und Kind.

  • Babys, die auf natürlichem Weg geboren werden, haben nach der Entbindung seltener Anpassungsprobleme.

Nicht zuletzt wünschen sich viele Frauen nach einem Kaiserschnitt eine natürliche Geburt, da die vorangegangene Schnittgeburt für sie kein wünschenswertes Geburtserlebnis und unter Umständen sogar eine psychisch belastende Erfahrung war. Danach eine natürliche Geburt erleben zu dürfen, könnte heilsam ein. Liegt kein Grund für eine Sectio vor, bietet die natürliche Geburt viele Vorteile und ist normalerweise nicht mit mehr Risiken verbunden als ein weiterer Kaiserschnitt.

Wann ist eine natürliche Geburt nach einem Kaiserschnitt in der Regel möglich?

Solltest Du Dir während Deiner zweiten Schwangerschaft eine natürliche Geburt wünschen, ist es wichtig herauszufinden, ob diese überhaupt nach einem Kaiserschnitt für Dich infrage kommt. Folgende Kriterien erhöhen die Chance auf eine vaginale Geburt:

  • Frühere VBACs: Erwartest Du bereits Dein drittes Kind und war Deine zweite Geburt auch eine VBAC, ist es gut möglich, dass es auch ein weiteres Mal klappt. Eine natürliche Geburt ist aber auch nach zwei Kaiserschnitten nicht ausgeschlossen.

  • Problemlose Schwangerschaft: Sollte Deine Schwangerschaft normal verlaufen und es Deinem Baby gut gehen, ist das eine wichtige Voraussetzung für eine natürliche Geburt.

  • Frühere Schwangerschaft: Der Grund für den vorangegangenen Kaiserschnitt ist für die Entscheidungsfindung ausschlaggebend. Waren zum Beispiel Zwillinge, eine Beckenendlage oder ein plötzlicher Notfall der Grund der letzten Sectio, kann die nächste Schwangerschaft bzw. Entbindung ganz anders verlaufen. Eine natürliche Geburt ist also möglich.

  • Kaiserschnittnarbe: Es ist wichtig, dass die Narbe gut verheilt ist, um das Risiko eines Gebärmutterrisses so klein wie möglich zu halten. Daher sollte die letzte Geburt mindestens ein Jahr zurückliegen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine natürliche Geburt nach einem Kaiserschnitt normalerweise möglich ist, wenn die Mutter und das Baby wohlauf sind, das Narbengewebe der letzten Sectio fest ist und die Plazenta keine Auffälligkeiten aufweist. Ob für Dich nach einem oder zwei Kaiserschnitten eine natürliche Geburt möglich ist, kann schlussendlich nur Dein Arzt / Deine Ärztin entscheiden.

Welche Gründe sprechen gegen eine VBAC?

Auch ein Kaiserschnitt kann ein schönes Erlebnis sein und am Ende ist die Hauptsache, dass es dem Baby und der Mutter gut geht.

Wann ist eine natürliche Geburt generell nicht möglich?

Es gibt einige Gründe, warum eine natürliche Geburt im Allgemeinen nicht infrage kommt – egal ob nach einem Kaiserschnitt oder nicht:

  • Drohende Frühgeburt: Zeichnet sich eine verfrühte Geburt ab, wird je nach Schwangerschaftswoche, Lage des Kindes und Gesamtzustand von Mutter und Kind entschieden, ob ein Kaiserschnitt vorgenommen werden muss, um die Gesundheit des Babys und der Mutter nicht zu gefährden.

  • Zwillings- oder Mehrlingsschwangerschaft: Wenn Du Zwillinge oder Mehrlinge erwarten solltest, kann es sein, dass Dir ein weiterer Kaiserschnitt ans Herz gelegt wird. In manchen Fällen stößt nämlich der Körper schon vor Vollendung der 40. SSW an seine Grenzen oder es droht eine Unterversorgung der Babys im Bauch. Auch das ist in Abhängigkeit der Lage der beiden Kinder und der Schwangerschaftswoche zu sehen.

  • Sehr großes Kind: Sollte die Größe Deines Kindes in einem Missverhältnis zu Deinem Becken stehen, ist dadurch der Austritt des Kopfes bzw. des Körpers erschwert oder gar unmöglich. Eine vaginale Geburt ist dann einfach nicht machbar.

  • Ungünstige Kindslage: Nicht alle Babys begeben sich rechtzeitig in eine geeignete Geburtsposition. Liegt Dein Kind in der Steißlage oder gar einer Querlage, könnte Dir vorgeschlagen werden, doch wieder per Kaiserschnitt zu gebären. Es sollte aber nicht unerwähnt bleiben, dass durchaus auch eine natürliche Geburt trotz Steißlage möglich ist.

  • Probleme mit der Plazenta: Eine Placenta praevia (Plazenta vor dem Muttermund) oder eine vorzeitige Ablösung der Plazenta machen einen Kaiserschnitt nötig.

  • Vorerkrankungen der Mutter: Eine natürliche Geburt ist nur dann möglich, wenn es auch Deine Gesundheit zulässt. Solltest Du beispielsweise unter Präeklampsie (Schwangerschaftsvergiftung), HIV oder Hepatitis Cleiden, ist eine Sectio der Geburtsweg, der für Dich infrage kommt.

Wann ist eine natürliche Geburt nach einem Kaiserschnitt meist nicht möglich?

Treffen die oben genannten Dinge nicht auf Dich zu, kann es trotzdem sein, dass eine natürliche Geburt nach einem Kaiserschnitt bzw. zwei oder mehreren Kaiserschnitten nicht möglich ist. Die Gefahr einer sogenannten Gebärmutterruptur (Riss der Gebärmutter) ist der häufigste Grund, warum von einer vaginalen Geburt nach einer Sectio abgeraten wird. Es wird befürchtet, dass die Kaiserschnittnarbe die Belastungen in den letzten Schwangerschaftswochen und vor allem der Geburt nicht standhalten kann und reißt. Im Ultraschall lässt sich schon während der Schwangerschaft die Beschaffenheit der Narbe erkennen. Ist sie zum Beispiel sehr dünn, wird meist für eine Sectio appelliert. Besonders wenn der letzte Kaiserschnitt noch nicht einmal ein Jahr zurückliegt, geht man davon aus, dass die Narbe nicht ausreichend gut verheilt ist. Die Dicke der Narbe ist jedoch nicht das einzige Kriterium, daher ist ein positiver Ultraschallbefund keine Garantie dafür, dass die Narbe nicht doch bei der Geburt zu reißen droht. Es spielt außerdem eine Rolle, welcher Schnitt bei der vorangegangenen Sectio vom Operationsteam gesetzt worden ist. Wurde beispielsweise ein Längsschnitt durchgeführt, ist bei einer Folgeschwangerschaft eine vaginale Geburt wahrscheinlich nicht mehr möglich, da die Gefahr eines Gebärmutterrisses zu hoch ist. Es gibt noch einige weitere Gründe, die während des Geburtsverlaufs einen Kaiserschnitt erforderlich machen. Selbst wenn Du Dir eine natürliche Geburt gewünscht hast, solltest Du immer im Hinterkopf behalten, dass das Wichtigste Deine und die Gesundheit Deines Babys ist.

Wie kann man sich auf die natürliche Geburt nach einem Kaiserschnitt vorbereiten?

Sollte eine natürliche Geburt für Dich möglich sein, schwirren Dir sicherlich viele Fragen im Kopf herum, denn immerhin gibt es so einiges zu bedenken.

Gut beraten

Solltest Du per Kaiserschnitt entbunden haben und wieder schwanger sein, kannst Du bereits beim ersten Vorsorgetermin bei Deinem Gynäkologen / Deiner Gynäkologin das Thema VBAC ansprechen. Dies ist eine gute Gelegenheit, mögliche Bedenken zu äußern und Fragen zu stellen. Hast Du in der Zwischenzeit die Arztpraxis gewechselt, solltest Du sicherstellen, dass Dein neuer Arzt / Deine neue Ärztin über Deine gesamte Krankengeschichte Bescheid weiß. Dies betrifft auch alle Einzelheiten Deines möglichen früheren Kaiserschnitts und alle anderen Eingriffe. Notiere den Wunsch nach einer vaginalen Geburt eventuell auch in Deinem Geburtsplan, sodass auch das Personal am Geburtsort sofort Bescheid weiß.

Wahl des Geburtsortes

Da die natürliche Geburt nach einem Kaiserschnitt eine nicht ganz alltägliche Situation ist, ist es sinnvoll, sich rechtzeitig mit der Frage zu beschäftigen, wo das Baby zur Welt kommen soll. Bevorzugst Du eine vaginale Geburt und spricht auch vonseiten Deines Arztes / Deiner Ärztin nichts dagegen, könntest Du sogar über eine Hausgeburt oder eine Entbindung im Geburtshaus nachdenken. Allerdings fühlen sich viele Frauen in einem Krankenhaus wohler, da sie hier sicher sein können, dass im Falle von Komplikationen die optimale Versorgung gewährleistet ist. Ein Kompromiss könnte ein hebammengeleiteter Kreißsaal sein. Hier steht ein Ärzteteam bereit, falls es Probleme bei der natürlichen Geburt geben sollte. Dennoch herrscht meist eine angenehme Atmosphäre. Nach zwei oder mehreren Kaiserschnitten empfiehlt es sich allerdings immer in einem Krankenhaus zu entbinden, da das Risiko von Komplikationen mit jeder weiteren Sectio steigt.

Innere Einstellung

Vielen Frauen sind skeptisch, ob sie nach einem Kaiserschnitt überhaupt eine weitere Geburt auf dem natürlichen Weg zu Ende bringen können. Bei einer erneuten Schwangerschaft und dem Wunsch nach einer vaginalen Geburt kann es sehr hilfreich sein, die Erlebnisse der letzten Entbindung mit Deiner Hebamme zu besprechen. Sie kann Dich dabei unterstützen, Dich innerlich auf die Entbindung vorzubereiten und Dir sicherlich viele wertvolle Tipps geben. Generell stehen die Chancen nicht schlecht, dass Du nach einem Kaiserschnitt eine natürliche Geburt erleben kannst. Du kannst also mit Selbstbewusstsein in die Geburt gehen. Egal wie gut die Voraussetzungen für eine natürliche Geburt nach einem Kaiserschnitt für Dich sind: Du solltest nicht vergessen, dass es im Laufe der Entbindung jederzeit zu einer Situation kommen kann, die doch wieder einen Kaiserschnitt nötig macht. Sei dann nicht enttäuscht, denn ob Kaiserschnitt oder natürliche Geburt: Die Hauptsache ist doch, dass es Dir und Deinem Kind gut geht! Außerdem sagt eine Bauchgeburt rein gar nichts nicht über Dich als Mutter oder die Beziehung zu Deinem Kind aus!

FAKTEN IM ÜBERBLICK

Wo der Schnitt während einer zweiten Kaiserschnittoperation gesetzt wird, ist von vielen Faktoren abhängig. Unter idealen Bedingungen kann die vorherige Stelle benutzt und die alte Narbe ausgeschnitten werden, sodass nach der Bauchentbindung nur eine Schnittstelle zu sehen ist.

Wenn Du eine natürliche Geburt nach einem Kaiserschnitt planst, ist es wichtig, dass Du Deine Wünsche und vor allem Möglichkeiten mit Deinem Arzt / Deiner Ärztin besprichst. Bleib dabei für alle Optionen offen und flexibel, denn der Verlauf einer Geburt lässt sich nicht vorhersehen. Ob Kaiserschnitt oder natürliche Geburt: Das Wichtigste ist, dass Du am Ende Dein Baby in Deinen Armen hältst.

Zur Entstehung dieses Artikels:
Alle Inhalte aus in diesem Artikel basieren auf vertrauenswürdigen fachspezifischen und öffentlichen Quellen. Die hier aufgeführten Ratschläge und Informationen ersetzen keinesfalls die medizinische Betreuung durch entsprechendes Fachpersonal. Konsultiere für eine professionelle Diagnose und Behandlung immer Deinen Arzt bzw. Deine Ärztin.

Meine Cookie Auswahl