
Töpfchentraining: Die Schritte bis zum Trockenwerden


Im Laufe der ersten Lebensjahre ihres Kindes wechseln Eltern im Durchschnitt 5.000 Windeln. Kein Wunder, wenn es die Erwachsenen kaum erwarten können, dass ihre Sprösslinge lernen, aufs Töpfchen zu gehen. Das Trockenwerden ist ein aufregender Meilenstein – für Kinder und Eltern gleichermaßen. Es geht dabei nicht nur um den Abschied von der Windel, sondern um einen großen Schritt hin zu mehr Selbstständigkeit. Gleichzeitig fühlen sich viele Eltern in dieser Phase unter Druck gesetzt: durch gesellschaftliche Erwartungen, Vergleiche mit anderen Kindern, Vorgaben von Kitas oder die Angst, etwas falsch zu machen. Doch bis zum endgültigen Abschied von der Windel ist es ein langer Weg. Wann genau die Kleinen trocken werden, ist von Kind zu Kind verschieden.
Töpfchentraining und warum es in der Regel nichts bringt
In den vergangenen Jahren wurden die Begriffe Töpfchentraining und Toilettentraining durch Wörter wie Trockenwerden oder Ausscheidungsautonomie ersetzt, die die aktive Teilnahme des Kindes am Sauberwerden mehr in den Fokus rücken. Das aus gutem Grund, denn der selbstständige Gang aufs Töpfchen wird Kindern erst dann gelingen, wenn sie auch wirklich bereit dafür sind – und dies lässt sich nicht durch Druck oder starre Trainingspläne beschleunigen.
Allein aufs Töpfchen zu gehen, ist für dein Kleinkind ein entscheidender Schritt in Richtung Selbstständigkeit. Dem gehen jedoch noch so einige Entwicklungsschritte voraus.
Säuglinge produzieren – je nachdem, ob sie gestillt oder mit der Flasche ernährt werden – zwei- bis vier volle Kot-Windeln und entleeren ihre Blase unkontrolliert etwa einmal in der Stunde. Dabei verlieren sie ungefähr 30 ml Urin. Um den 6. Lebensmonat herum kann die Blase mehr Urin (ca. 60 ml) fassen und Kinder urinieren dann in größeren Abständen.
Ist die Blase eines Säuglings voll, wird ein Signal an das Gehirn gesendet, dass es Zeit für den Toilettengang ist. Das Gehirn von Babys reagiert auf dieses Signal mit der spontanen Entleerung der Blase. Mit 18 bis 24 Monaten setzt bei den meisten Kindern durch die Ausreifung der Nervenbahnen zwischen Gehirn und Blase sowie Gehirn und Darm die Wahrnehmung für den Harndrang ein. Mit zunehmendem Alter lernen Kinder, diesem Drang nicht sofort nachzugeben und den Schließmuskel zu kontrollieren.
Es ist nicht sinnvoll, wenn du dir einen festen Plan zurechtlegst, ab wann dein Kind trocken sein sollte. Drängst du es zu früh dazu, könnte dies sogar zu Stress und Ängsten führen und dein Liebling möchte gar nicht aufs Töpfchen gehen.
Die Gewöhnung an die Toilette sollte für dich kein Erziehungsziel sein, was es bis zu einem bestimmten Zeitpunkt zu erreichen gilt. Vielmehr geht es darum, dass du dein Kleinkind auf dem Weg zum Trockenwerden begleitest und ihm Hilfestellungen anbietest. Wir möchten dich auf diesem Weg unterstützen – mit Wissen, Tipps und hochwertigen Produkten, auch in größeren Größen. So kannst du dich auf das Wesentliche konzentrieren: dein Kind liebevoll und ohne Druck auf seinem individuellen Entwicklungsweg zu begleiten.
Wann werden Kinder trocken?
Solltest du von den Großeltern zu hören bekommen, dass Kinder früher viel schneller ohne Windeln ausgekommen sind als heute, muss dich das nicht beunruhigen. Es kann ganz einfach daran liegen, dass moderne Windeln sehr saugfähig sind, den Babypopo trocken halten und dein Kind sich daher in der Windel wohlfühlt. Kinder- und Jugendärztin Dr. Karella Easwaran sagt zudem: „Ein Kind wird nicht durch Druck trocken – sondern durch Reife, Geduld und liebevolle Begleitung.“
Das Trockenwerden tagsüber
Die Zeitspanne, in der Kinder anfangen, selbstständig die Toilette zu benutzen, ist sehr groß. Dabei landet das große Geschäft meist früher zuverlässig im Töpfchen, während die Blasenkontrolle erst etwas später gelingt. „Viele Eltern fühlen sich hilflos oder frustriert, wenn das Trockenwerden nicht klappt oder es Rückschritte gibt. Dabei geht jedes Kind seinen eigenen Entwicklungsweg – in seinem ganz individuellen Tempo. Eltern dürfen beruhigt sein: Die meisten Kinder – sofern keine medizinischen Gründe vorliegen – erreichen bis zum Alter von etwa 3 bis 3,5 Jahren die Kontrolle über Blase und Darm. Windeln sind in dieser Phase kein Rückschritt, sondern ein Teil des Weges zum Ziel“, erklärt Dr. Easwaran.
Einige Kleinkinder beginnen schon mit zwei Jahren damit, das Töpfchen aufzusuchen und andere lassen sich damit bis zu ihrem sechsten Geburtstag Zeit. Ältere Kinder könnten sehr plötzlich von einem Tag auf den anderen entscheiden, keine Windeln mehr tragen zu wollen.
Selbst, wenn dein Schatz tagsüber bereits zuverlässig die Toilette benutzt, können immer mal wieder kleinere oder größere Missgeschicke passieren; besonders dann,
wenn dein Kind ins Spiel vertieft ist oder sich in einer ungewohnten Umgebung befindet. Das ist völlig normal und sollte weder dich noch dein Kleinkind verunsichern oder ärgern.
Für einen Platz im Kindergarten ist das Trockensein übrigens kein Muss. Achte lediglich darauf, dass du nicht kurz vor dem Eintritt in die Kindertagesstätte mit den ersten Schritten Richtung Töpfchen beginnst. Die Umstellung auf eine neue Betreuungssituation bringt für dein Kind bereits genug Veränderung mit sich und das „Töpfchentraining“ könnte es schlicht weg überfordern.
Wie und wann werden Kinder nachts trocken?
Es kann sein, dass dein Liebling am Tag bereits Unterhosen trägt, du aber nachts noch auf eine Windel zurückgreifen musst. Deinem Kind fällt es leichter, seine Blase tagsüber zu kontrollieren, als in der Nacht.
Warte mit dem nächtlichen Trockenwerden, bis du merkst, dass die Windel deines Schatzes regelmäßig nach dem Mittagsschlaf und gelegentlich morgens sauber ist. Oft dauert es noch bis zu 1 Jahr, bis dein Schatz auch nachts nicht mehr einnässt.
Vom Bettnässen spricht man erst dann, wenn ein Kind nach seinem fünften Geburtstag regelmäßig mindestens zweimal im Monat nachts einnässt und keine Erkrankung vorliegt. Und selbst dann gilt: „Unfälle“ gehören zum Trockenwerden dazu und ein Töpfchentraining wie man es früher vielleicht gemacht hat, ist nicht nötig! Machst du dir dennoch Sorgen, solltest du bei der nächsten U-Untersuchung mit eurem Kinderarzt / eurer Kinderärztin darüber sprechen.
Zusammenfassend kann gesagt werden: Es kommt nicht auf das Alter, sondern vielmehr auf die Bereitschaft deines Kindes an, ab wann es trocken werden möchte. Viele Kinder zeigen irgendwann nach ihrem zweiten Geburtstag ein gewisses Interesse am Töpfchen und haben Freude daran, dieses zu erkunden oder zu benutzen – selbst, wenn es erst einmal nur im Spiel ist.
Die Anzeichen: Jetzt will dein Kind trocken werden
Dein Kind wird von ganz allein aufhören, in die Windeln zu nässen. Je älter es wird, desto mehr Interesse hat es daran, selbstständig zu sein und auch allein die Toilette benutzen zu wollen. Sehr wahrscheinlich wirst du im Laufe des zweiten und dritten Lebensjahres die ersten Anzeichen erkennen, dass es bald so weit ist. In diesem kurzen Video erklärt Kinderärztin Dr. Easwaran, wie du erkennst, wann dein Kind bereit fürs Trockenwerden ist.
Im Weiteren muss dein Schatz nun lernen, die körperlichen Signale richtig und vor allem rechtzeitig zu deuten. In der Übergangszeit zum endgültigen Trockenwerden kann man oft beobachten, wie Kleinkinder das Wasserlassen versuchen zu unterdrücken, in dem sie trippeln oder tänzeln. Ohne dein Zutun früh genug die Toilette zu erreichen, ist ab dann Gewöhnungssache deines Kindes.
So kannst du dein Kleinkind beim Trockenwerden unterstützen
Du kannst deinen Liebling behutsam und liebevoll beim Trockenwerden begleiten. Wenn du das Gefühl hast, dass dein Kind Interesse am Töpfchen zeigt, solltest du dieses erfreut und ganz offenkundig zur Kenntnis nehmen und deine Hilfe anbieten:
Auch wenn du der Meinung bist, dass das Trockenwerden längst überfällig ist, solltest du nie Druck auf deinen Liebling aufbauen. Lass ihn/sie stattdessen wissen, dass es in Ordnung ist, wenn etwas daneben geht und biete ihm/ihr an, es später noch einmal zu versuchen. Solltest du merken, dass dein Kind noch nicht bereit fürs Töpfchen ist, solltet ihr es lieber in ein paar Wochen oder Monaten noch einmal versuchen.
Wenn das Trockenwerden nachts nicht klappt
Viele Eltern kennen es: Das Kind kommt am Tag schon längst ohne Windeln aus, schafft es aber nachts nicht, zuverlässig die Toilette aufzusuchen. Dies passiert selbst Siebenjährigen noch – Jungs im Übrigen doppelt so häufig wie Mädchen. Den Töpfchentrainer zu spielen, hilft auch beim nächtlichen Einnässen nichts.
Mögliche Ursachen für das Einnässen
Die Ursache für diese kleinen Malheure liegen häufig in einer Reifungsverzögerung: Das Zusammenspiel von Blasenentleerungs- und Schließmuskel sowie das Wahrnehmungsgefühl, ob die Blase gefüllt ist, funktioniert noch nicht ausreichend. Im Regelfall bessert sich dies von ganz allein. Nur in ganz seltenen Fällen liegt eine Fehlbildung der Harnwege zugrunde, wenn ein Kind nachts nicht trocken wird.
Sollten Kinder nach einer längeren Phase des Sauberseins plötzlich wieder einnässen, könnten auch psychische Ursachen eine Rolle spielen:
Diese Dinge beschäftigen oder bedrücken Kinder oft so sehr, dass sie nachts wieder einnässen. In diesen Fällen müssen Eltern ihre Kinder ganz besonders intensiv begleiten.
Hilfestellungen für die Nacht
Nässt dein Kind in der Nacht immer wieder ein, solltest du ihm/ihr auf keinen Fall Vorwürfe machen, denn dahinter steckt keine böse Absicht. Vielmehr solltest du versuchen, die Situation zu verbessern. Folgende Dinge könnten dabei hilfreich sein:
Erst, wenn ein Kind regelmäßig nachts einnässt oder der Leidensdruck zu groß wird, sollte man sich vertrauensvoll an einen Arzt / eine Ärztin wenden, um den Ursachen auf den Grund zu gehen.
Trocken werden: Tipps & Tricks
Das Trockenwerden ist ein komplexer Prozess, den du begleiten, aber nicht erzwingen kannst. Mit den folgenden Tipps und Tricks könnte es für dein Kind zu einem spannenden Abenteuer werden:
Auch mit diesen Tricks wird dein Kind nicht innerhalb von wenigen Tagen trocken werden. Bei der Sauberkeitserziehung sind Gelassenheit und Zeit das Wichtigste.
FAKTEN IM ÜBRBLICK
Es sind bestimmte Entwicklungsschritte notwendig, bevor ein Kind trocken werden kann. Den Prozess kann man nicht mit einer Art Töpfchentraining beschleunigen, wenn das Kind noch nicht so weit ist, sauber zu werden.
Lass dich nicht davon verrückt machen, was dein Umfeld zum Thema Trockenwerden zu sagen hat. Fest steht: Jedes Kind ist anders und niemand benötigt einen strengen Töpfchen-Trainer, um sich früher oder später von den Windeln zu verabschieden. Wichtig ist: Trockenwerden ist ein individueller Prozess ohne festen Zeitplan. Jedes Kind geht diesen Schritt in seinem eigenen Tempo – und genau so ist es richtig.
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Zur Entstehung dieses Artikels: Alle Inhalte aus in diesem Artikel basieren auf vertrauenswürdigen, fachspezifischen und öffentlichen Quellen. Die hier aufgeführten Ratschläge und Informationen ersetzen keinesfalls die medizinische Betreuung durch entsprechendes Fachpersonal. Konsultiere für eine professionelle Diagnose und Behandlung immer deinen Arzt bzw. deine Ärztin.
- American Academy of Pediatrics (Hrsg.): Caring for Your Baby and Young Child. Birth to Age 5. 6. Auflage. Bantam Books. New York. 2014.
- Einnässen /Bettnässen. Reifeprüfung. In: Öko-Test. Ratgeber Kinder und Familie. Sonderheft Nr. 1509. ÖKO-TEST Verlag. Frankfurt am Main. 2015.
- Gräßer, Melnaie; Hovermann, Eike: Kinder brauchen Rituale. Humboldt. Hannover. 2015.
- Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: Trocken und sauber werden
- Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz: Umweltfreundliche und gesunde Windeln
- Haug-Schnabel, Gabriele: Physiologische und psychologische Aspekte der Sauberkeitsentwicklung
- Staatsinstitut für Frühpädagogik und Medienkompetenz (IFP): Wie gelingen die Erziehungsziele: Blasen- und Darmkontrolle? - Wie werden Kinder ausscheidungsautonom?
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